Selbstverständlich ist die eigentliche Heimat von Lucky Luke der Rücken seines Pferdes Jolly Jumper. Doch wenn er gerade nicht unterwegs ist zwischen den Kakteen der Wüste von Arizona und den Butten des Monument Valley, trifft man den Cowboy am besten am Tresen eines Saloons. Manchmal trinkt er dort ein Bier, gerne aber auch eine Limonade, manchmal ein Glas Milch. Früher drehte er sich eine Zigarette, jetzt kaut er gesundheitsfreundlich einen Grashalm. Einer Schlägerei ist er genauso wenig abgeneigt wie einem Pokerspiel. Auf der Bühne schwingen blonde Girls die Beine und schmettern Country-Songs. Ein Pianist klimpert dazu. Und der Barkeeper muss immer wieder den Spiegel hinter seinem Tresen vor heranpfeifenden Kugeln schützen. Draußen wartet der treue Jolly Jumper am Trinktrog, ob sein Cowboy den Saloon in brenzliger Situation durch ein Fenster verlassen muss ...
Der Auftakt zum Lucky Luke-Jubiläumsjahr fand in diesem Jahr in Angoulême statt. Im dortigen Comic-Museum läuft seit Januar eine Ausstellung mit dem Titel „L’Art de Morris“, die man ohne weiteres als Sensation bezeichnen kann. Selbst ausgewiesene Comic-Experten standen dort staunend vor den selten gezeigten Originalzeichnungen von Maurice de Bevere (1923–2001) alias Morris. Die Geometrie der Seiten, das Spiel mit Licht, vor allem aber mit dem Schatten, die grandiosen Szenarien eines René Goscinny – nie zuvor wurden die künstlerischen Aspekte der Lucky Luke-Alben so deutlich.
In Zusammenarbeit mit dem Comic-Festival Angoulême kann der Internationale Comic-Salon Erlangen eine Konzentration der französischen Ausstellung in hochwertigen Faksimiles präsentieren. Umgeben von Erinnerungen an schöne Momente aus den Abenteuern, die Morris ihm so unnachahmlich gezeichnet hat. Erinnerungen an diverse Saloons selbstverständlich, an große Poker-Partien, an Landschaften, durch die er zog. An Weltstars wie Jean Gabin, Lee van Cleef, David Niven und viele andere, die er auf seinen Reisen traf. Und an all die Sonnenuntergänge, in die er mit dem Lied vom armen einsamen Cowboy schließlich immer wieder ritt. Nicht zu vergessen an die Tage seiner Kindheit, als er noch mit der Schleuder schneller schoss als sein Schatten.
Seit 2003 gibt Achdé (Hervé Darmenton) dem Cowboy den Umriss, den Morris nach den Versuchsanordnungen seiner frühen Alben für endgültig charakteristisch befand, und schreibt die Legende von Lucky Luke fort. Ganz neu fühlt sich der Western auf den Seiten von Matthieu Bonhomme an, kantiger, realistischer, nah bei seinem Zeitgenossen Buddy Longway. Beide Künstler werden zum Internationalen Comic-Salon nach Erlangen kommen, um mit uns gemeinsam den 70. Geburtstag des unvergesslichen Helden zu feiern. Auf ein Glas Milch!