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Ein Sommer am See

© Reprodukt – Mariko Tamaki / Jillian Tamaki

Ein Sommer am SeevonMariko Tamaki und Jillian Tamaki

Übersetzung: Tina Hohl

Reprodukt

Leseprobe auf myComics.de

Roses Mutter kann es kaum erwarten, das vollgepackte Auto in die Einfahrt zu steuern, und auch Rose kostet das Gefühl der Ankunft am See mit allen Sinnen aus. Die sommerwarme Luft, das Haus, das Zimmer: Alles scheint wie immer zu sein. Vieles aber wird sich für Rose neu und anders anfühlen. Vor allem das Verhältnis zu ihrer etwas jüngeren Sommerfreundin Windy, die ebenfalls – und wie jedes Jahr – ihre Ferien in dieser Idylle verbringt.
Zwei Mädchen an der Schwelle zur Pubertät, doch auf unterschiedlichen Stufen – das ist die klassische Coming-of-Age-Geschichte, wie sie auch vor Mariko und Jillian Tamaki schon tausendfach erzählt worden ist. Doch die kanadischen Cousinen haben etwas ganz Besonderes geschaffen. Sie erwecken ihre beiden Hauptdarstellerinnen mit einer unübertrefflichen Beobachtungsgabe für Mimik und Körpersprache zum Leben. Windy ist ein expressives Kind, laut, direkt und der Erwachsenenwelt gegenüber noch herzlich desinteressiert. Für die introvertierte Rose wird das Leben komplizierter und verwirrender, und die Querelen ihrer Eltern belasten sie. Die Ferien verheißen aber auch neue Reize, zum Beispiel den irgendwie lässigen Kerl im Dorf-Drugstore. Da trifft Windys Vorschlag, wieder eine Sandburg zu bauen, bei der Älteren doch auf eher verhaltenes Interesse.
Mehr als 300 Seiten umfasst „Dieser eine Sommer“, so die wörtliche Übersetzung des Originaltitels – 300 Seiten, die man in einem Zug wegliest. Denn die leise Geschichte trifft den Nerv all jener, die sich erinnern, wie es war, als die eigenen Freundinnen nicht mehr auf Bäume klettern mochten, sondern sich mit einer „Bravo“-Ausgabe zurückzogen. So präzise, so fein und einfühlsam haben Mariko und Jillian Tamaki ihre Charaktere gezeichnet – und das in jeder Beziehung – dass sie für ihre Graphic Novel bereits mit dem wichtigsten amerikanischen Comic-Preis belohnt wurden, dem Eisner Award. Dem schließt sich die Jury nur zu gern an – mit dem Preis für den „Besten internationalen Comic“.